Eigenwerte und Eigenvektoren berechnen

Ob in der Physik für Differentialgleichungen, in Mathematik für Basistransformationen oder Informatik für Bildbearbeitung, früher oder später kommt jeder MINT-Student mit dem Thema Eigenwert-Rechnung in Berührung. Das ist auch kein Wunder, denn dies ist ein fundamentales Konzept der Linearen Algebra.

Im folgenden möchte ich zeigen wie man Eigenwerte und Eigenvektoren berechnet.
Zuerst schauen wir uns an, was eine Eigenwertgleichung ist und wie ihre Komponenten bezeichnet werden.
Eine Eigenwertgleichung hat folgende Gestalt:

Ax=λx

Die Faktoren haben folgende Bedeutung:

  • A := Eine quadratische Matrix (lineare Abbildung)
  • [rawhtml]x := Eigenvektor (Ein Vektor ≠ 0) [/rawhtml]
  • λ := Eigenwert

Man verdeutliche sich was die Gleichung ganz formal bedeutet. Links hat man eine Multiplikation einer Matrix mit einem Vektor und rechts den selbsten Vektor mit einem einfachen Skalar und beide Resultate sind gleich. Anders gesagt, mit einer (einfachen) Streckung des Eigenvektors kann das gleiche Resultat erreichen, wie mit einer (komplizierten) Matrixmultiplikation.

Eigenwerte berechnen.

Zuerst möchte ich erklären, wie man auf das Verfahren überhaupt kommt.
Man kann die Eigenwertgleichung in folgender Form schreiben:

AλΕx=0

Dabei ist E eine Einheitsmatrix (auf den Diagonalen stehen Einsen, ansonsten überall Nullen) von der Größe von A. Dies ist offensichtlich ein lineares Gleichungssystem, welches formal durch eine inverse Matrix von (A-λE) gelöst werden kann.

x=AλΕ1·0
x=0

Wenn die Matrix invertierbar ist, so entspricht die Lösung dem Nullvektor. Diese (triviale) Lösung haben wir aber beim Aufstellen der Eigenwertgleichung explizit ausgeschlossen. Das heißt wir wollen nicht, dass die Matrix (A-λE) invertierbar ist und sie ist genau dann nicht invertierbar, wenn ihre Determinante gleich Null ist. Damit haben wir auch schon eine Bedingung für die Berechnung von Eigenwerten: Die Determinante von (A-λE) muss Null sein.

detAλE=0

Man berechnet die Determinante von (A-λE) und bekommt ein Polynom mit Lambdas (auch charakteristisches Polynom genannt), welches gleich Null gesetzt wird. Die Nullstellen dieses Polynoms sind die gesuchten Eigenwerte von A.

Eigenvektoren berechnen

Um die Eigenvektoren zu berechnen, setzt man die ausgerechneten Eigenwerte λ12,.. in die Eigenwertgleichung ein (Es gibt also genauso viele Eigenvektoren, wie Eigenwerte).

AλiΕx=0

Damit hat man ein lineares Gleichungssystem, welches mit dem Gauß-Jordan-Algorithmus gelöst werden kann. Der Lösungsvektor ist der gesuchte Eigenvektor.

Beim Lösen des Gleichungssystems kann es sein, dass die Lösung nicht eindeutig ist. In diesem Fall wird eine oder mehrere Variablen frei gewählt.

Das ganze Verfahren möchte ich anhand von Beispielen verdeutlichen.

Beispiel 1.

Bestimmen Sie die Eigenwerte und Eigenvektoren einer linearen Abbildung A.
A=93165

Zuerst berechen wir das charakteristische Polynom und setzen es gleich Null.

det93165λ1001=0

det9λ3165λ=0

9λ5λ163=0

λ2+4λ+3=0

Die Nullstellen des charakteristischen Polynoms können in diesem Fall mit der PQ-Formel berechnet werden.

λ1/2=42±4223

λ1/2=2±1

Damit lauten die Eigenwerte: λ1=-3, λ2=-1.

Um den Eigenvektor für λ1 zu berechnen, setzen wir -3 in die Eigenwertgleichung ein.

9316531001x=0

93165+3003x=0

63168x=0

Dieses Gleichungssystem kann man entweder sofort durch „hinsehen“ lösen (was muss man für x1 und x2 einsetzen, damit Null herauskommt?) oder nach dem Schema-F mit dem Gauß-Jordan-Algorithmus. Die Zeilen der Matrix sind linear abhängig (eine Zeile ist das Vielfache der anderen), deswegen können wir eine Komponente des Lösungsvektors frei wählen. Wir wählen x1=1, dann muss x2=-2 sein, damit 1*(-6)+(-2)*(-3)=0. Damit haben wir den gesuchten Eigenvektor für λ1=-3.

x1=12

Als nächstes wird der Eigenvektor zum Eigenwert λ2=-1 berechnet. Dazu setzen wir -1 in die Eigenwertgleichung ein.

9316511001x=0

83166x=0

Auch hier sieht man, dass die beiden Zeilen linear abhängig sind, wir wählen x1=1, dann muss x2=-8/3 sein. Etwas schöner ist es, wenn wir die Werte mit 3 multiplizieren um Brüche zu vermeiden (das darf man machen, weil das Ergebnis immer noch die Gleichung löst).

x2=38

Beispiel 2.

Betrachten wir ein etwas schwierigeres Beispiel. Es sollten Eigenwerte und Eigenvektoren von A berechnet.

A=812440602010015050

Wir berechnen die Nullstellen des charakteristischen Polynoms.

det8λ1244060λ2010015050λ=0

x32x2=0

x·x(x2)=0

Damit können die Nullstellen sofort abgelesen werden: λ1=0, λ2=0 und λ3=-2. Mehrfache Nullstellen sind ganz normal und dürfen nicht unterschlagen werden.

Wir berechnen zuerst den Eigenvektor für λ3=-2.

8(2)1244060(2)2010015050(2)x=0

1012440582010015052x=0

Hier empfiehlt sich den Gauß-Jordan-Algorithmus zu verwenden um das Gleichungssystem zu lösen. Da Ergebnis lautet wie folgt.

x3=21025

Nun berechnen wir den Eigenvektor für einen der doppelten Eigenwerte.

812440602010015050x=0

231231231x=0

Alle drei Zeilen sind linear abhängig, wir müssen also zwei Komponenten des Lösungsvektors frei wählen. Wir wählen beispielsweise x1=-1, x2=1, somit muss x3=1 sein.

x1=111

Es muss noch ein Eigenvektor für den zweiten doppelten Eigenwert berechnet werden. Es kann logischerweise nicht nach dem gleichen Schema berechnet werden, da sonst die beiden Eigenvektoren gleich sein würden, was aber nicht erlaubt ist.
Wir brauchen einen Eigenvektor höherer Ordnung. Diesen kann man raten. Das ist manchmal ziemlich einfach, man muss nur schauen, dass die Eigenvektoren linear unabhängig sind. Zum Beispiel wäre der Vektor (1,0,1) eine Lösung.

Ich möchte im folgenden trotzdem zeigen, wie man das Problem mathematisch angeht.
Dazu verwenden man die allgemeine Form der Eigenwertgleichung.

AλEkx=0

Bis jetzt hatten wir die Eigenvektoren erster Ordnung (k=1) berechnet, jetzt muss der Eigenvektor zweiter Ordnung (k=2) berechnet werden. Ansonsten ändert sich an dem Verfahren nichts.

8124406020100150502x=0

162488012040200300100x=0

231231231x=0

Naja, es kommt bei diesem Beispiel (blöderweise) die gleiche Matrix wie vor der Multiplikation heraus, aber gut, wir machen weiter. Jetzt werden eine der mehrfach vorhandenen Zeilen durch den bereits vorhandenen Eigenvektor zum gleichen Eigenwert ersetzt und die restlichen eliminiert (eine Zeile – andere = 0).

231111000x=0

Durch Umformung mit dem Gauß-Jordan-Algorithmus kommt man auf die folgende Form.

104/5011/5000x=0

Daraus kann man den Lösungsvektor ablesen (letzte Komponente frei wählbar).

x2=4/51/51

Mit 5 multipliziert ergibt sich eine schönere Darstellung.

x2=415

Hätten man beispielsweise einen dreifachen Eigenwert, so müsste man das Verfahren analog weiter anwenden, d.h. k=3 setzen und dann die beiden anderen Eigenvektoren zum gleichen Eigenwert in die Matrix einsetzen.

Beispiel 3.

Berechnen Sie die Eigenwerte und Eigenvektoren der Matrix A.

A=3000010000100002

Dieser Fall ist besonders einfach. Die Matrix ist bereits diagonalisiert, d.h. die Einträge auf der Diagonale sind die Eigenwerte: λ1=-3, λ2=1, λ3=-1 und λ4=2.

Die Eigenvektoren können in diesem auch sofort abgelesen werden, sie sind nichts anderes als Standardbasisvektoren des 4-dimensionalen Vektorraumes.

x1=1000, x2=0100, x3=0010, x4=0001

Viel Spaß damit! =)

4 Gedanken zu „Eigenwerte und Eigenvektoren berechnen“

  1. Hey, erstmal vielen Dank für diese ausführliche und nachvollziehbare Erklärung.
    Das Thema ist Teil meiner Mathe GFS über Matrizen.
    Könnte mir bitte jemand erklären wie man auf den Eigenvektor ( 2
    -10
    -25)
    kommt?

  2. Hey,
    ist bei der matrix die als bsp für die doppelte nullstelle genommen wird nicht
    ein fehler? sie wird doch eigentlich quadriert? dies ist in dem beispiel aber nicht der fall

    lg

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