Die meistens Digitalkameras haben einen CMOS- oder CCD-Sensor. Das einfallende Licht bewirkt in diesen Sensoren eine Ladungstrennung, die durch integrierte Microchips verstärkt und in digitale Helligkeitssignale verarbeitet werden. Diese bekommen wir schließlich als ein Foto präsentiert.
Da Gammastrahlung generell ionisierend ist, kann sie auch in den Sensoren von Digitalkameras eine Ladungstrennung bewirken und ähnlich wie das sichtbare Licht durch CMOS-Sensoren nachgewiesen werden.
Ich habe mir eine billige Webcam für 1,50 € auf eBay gekauft, um zu überprüfen, ob ich damit radioaktive Strahlung nachweisen kann.
Zuerst habe ich die Webcam am PC angeschlossen und getestet, ob sie überhaupt geht. Nicht wirklich, das Bild war total verwaschen. Die von außen nicht justierbare Linse war verstellt (kein Wunder,dass in der Artikelbeschreibung „kaum benutzt“ stand ;). Kein Weltuntergang. Das Gehäuse aufgemacht und etwas an der Linse gedreht und schon war das Bild scharf. Zumindest so scharf, wie man es von einer billigen Webcam erwarten darf.
Als nächstes habe ich die drei LEDs und das Mikrofon entfernt. Der Sensor muss für den Radioaktivitätsnachweis komplett Lichtdicht gemacht werden, deswegen sind die LEDs nicht erwünscht. Die Linse wurde ebenfalls entfernt, da sie keinen Nutzen mehr hat oder sogar kontraproduktiv ist, da sie die Gammastrahlung absorbieren kann. Anschließend wurde das Gehäuse wieder verschlossen und die vordere Wand von innen mit Alufolie ausgelegt, da diese 100 % lichtundurchlässig ist, ganz im Gegensatz zum schwarzen Plastik und Klebeband.
Um die Webcam auszulesen habe ich Processing 2 verwendet. Damit kann man ziemlich einfach die aufgenommen Bilder analysieren und falls nötig abspeichern.
Das erste Bild, das aufgenommen wurde, hat mich etwas irritiert.
Offensichtlich ist doch noch etwas Licht in das Gehäuse eingedrungen und den CMOS-Chip von der Rückseite beleuchtet, so dass man die elektrischen Kontakte darunten sehen kann. Ganz sicher bin ich mir da aber nicht. Auf jeden Fall ist der Effekt verschwunden, als ich die möglichen Schwachstellen noch mal mit Alufolie abklebte.
Nach dem das Gehäuse Lichtdicht war, wurden die ersten Dunkelbilder aufgenommen. Die Lichtsensoren sind nicht in allen Pixeln gleich empfindlich, einige Pixel sind kaputt und andere scheinen immer aktiv zu sein. Dazu kommt noch das thermische Rauschen, so dass die Pixel auch bei Abwesenheit des Lichts einen von schwarz abweichenden Wert anzeigen. Sichtbar machen kann man diese Effekte, wenn man mehrere Fotos addiert.
Auffällig ist auch, dass die Lichtempfindlichkeit des Sensors zur rechten Seite hin zunimmt.
Um diese Störgrößen aus den späteren Fotos zu entfernen wird das obere Summenbild durch die Anzahl der aufgenommenen Bilder geteilt, so dass man ein mittleres Dunkelbild bekommt. Dieses muss man von jedem Foto abziehen um die Defekte zu korrigieren.
Um Spuren von Gammastrahlung in den aufgenommenen Fotos zu finden, habe ich mir einen Algorithmus überlegt. Dabei werden alle Pixel eines Fotos durchlaufen und überprüft, ob die Summe des grünen, roten und blauen Wertes über einer (Energie-)Schwelle liegt. Falls ja, wird ausgehend von diesem Pixel ein Floodfill-Algorithmus gestartet und alle benachbarten Pixel größer als die eingestellte Schwelle zu einem Energiewert aufsummiert. Dieser Wert wird in ein Histogramm eingetragen. Anschließend wird die Analyse des Bildes weiter ausgeführt, wobei bereits berücksichtigte Pixel nicht mehr verwendet werden.
So bekommt man ein Histogramm, welches als ein Energiespektrum der Gammastrahlung interpretiert werden kann. Gammastrahlung mit viel Energie bringt mehrere Pixel zum leuchten und deswegen berechnet der Floodfill-Algorithmus einen größeren Wert, der rechts im Histogramm auftaucht. Gammastrahlung mit kleinerer Energie taucht links im Histogram auf. So viel zur Theorie…
Hier ist das Histogramm einer Testmessung der Untergrundstrahlung.
Die Peaks links im Spektrum sind Artefakte des Algorithmus und der Tatsache, dass die Pixel nur diskrete Werte liefern. Auffällig ist der exponentielle Abfall im rechten Teil des Spektrums. Ich denke das ist das thermische Rauschen, das auch einer exponentieller Verteilung folgt.
Hinweise auf Untergrundstrahlung lassen sich aus diesem Spektrum aber nicht entnehmen. Ein wenig enttäuschend, aber nicht wirklich überraschend.
Ein großes Problem bei der Analyse der Bilder ist die Tatsache, dass die Farbinformation bereits interpolierte Werte eines Pixels sind. Der Grund dafür liegt darin, dass die meisten farbempfindliche Lichtsensoren eigentlich nur für einen Lichtbereich empfindlich sind und für die Farbempfindlichkeit mit einem Bayer-Filter abgedeckt werden. Das führt zum Beispiel dazu, dass der Sensor-Microship mehrere aktivierte Pixel meldet, obwohl das Gammateilchen nur einen Pixel aktiviert hat.
Diese automatische Interpolation kann man bei manchen Webcams ausschalten. Bei dieser geht es laut dem Mikrochip-Datenblatt auch, aber dazu man auf die internen Register zugreifen, was nicht so ohne Weiteres geht.
Der andere Punkt betrifft die Nachweiswahrscheinlichkeit für Gammastrahlung. Die CMOS-Sensoren sind vor allem für Röntgenstrahlung bis 10 keV sensitiv. Die Nachweiswahrscheinlichkeit für Gammastrahlung mit der Energie über 100 keV liegt bei etwa 1 %. Dies müsste man natürlich berücksichtigen wenn man ein halbwegs realistischen Energiespektrum aufnehmen möchte.
Interessant wäre der Vergleich der Spektren von anderen Kameras.
Abschließend möchte noch diesen Artikel empfehlen: Photographing Radioactivity with a Webcam .